Ich bin seit über 13 Jahren regelmäßig mit dem Kostenthema beschäftigt und habe viele Projekte umgesetzt. Die meisten Beratungs- und Designprojekte waren für Museen, aber auch im weiteren Bildungsbereich oder in der Architektur und Produktentwicklung. In den letzten Jahren hat die Umsetzung inklusiver Ziele auch in Deutschland an Fahrt aufgenommen. In der Regel gelingt die Umsetzung dort am besten, wo Vielfalt (»Diversity«) von mindestens einer Entscheider-Person im Unternehmen oder Institution mit Engagement als selbstverständlich eingefordert wird. Die Reaktion der Beteiligten ist meistens ganz unverblümt: »für die paar Leute sollen wir so viel Geld ausgeben? Wer zahlt die Kosten für Inklusion?«.
Ich habe dafür eine Antwort. Die steht weiter unten, aber Sie müssen die paar Zeilen dazwischen lesen, um sie zu verstehen. Lange habe ich darüber nachgedacht und fand letztlich einen Hinweis in der Fragestellung. Denn Inklusion steht ja nicht wirklich wegen der Kosten infrage, sondern, und das ist meine Analyse, weil sie nicht als selbstverständlich betrachtet wird. Mit »selbstverständlich« meine ich etwas wie das Verlegen von Stromleitungen, wenn Sie ein Haus bauen. Sie sorgen damit für die Zugänglichkeit, also Barrierefreiheit (»Accessibility«) des Gebäudes durch Licht – besonders, wenn Sie es nachts nutzen wollen. Und Sie betreiben damit Ihre Hilfsmittel, wie Waschmaschine und Heizung, für Menschen deren körpereigene Energie nicht für alle Aufgaben reicht. Ohne Strom wären die Hausnutzer:innen also sehr behindert.
Unter anderem aus folgenden Gründen steht wohl Deutschland im EU-Vergleich auch an letzter Stelle bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch die EU und die UN. Wir leben in der Regel nicht mit unseren Eltern oder Großeltern in einem Haus und erleben tagtäglich, wie anstrengend das Altwerden ist, wenn die Beine, das Herz und die Augen nicht mehr wollen. Wir sind nicht mit den (10%!) Kindern in die selbe Klasse gegangen, die allein wegen körperlicher Eigenschaften in die Sonderschulen geschickt wurden und werden. Darum kennen wir sie nicht und sind nicht mit ihnen befreundet. Darum haben wir nicht gelernt, daran zu denken, dass sie auch dazugehören und dass es unbestritten so sein muss, dass möglichst alle Menschen möglichst selbstbestimmt und gemeinsam leben können. Wir haben es nicht gelernt. Das müssen wir nachholen und wir müssen ganz schön aufholen.
Nun zur oben versprochenen Antwort, woher kommt das Geld?
Sie finden es im Gesamtbudget (und nicht mal versteckt). Und so geht es: Wenn Sie ein Projekt kalkulieren, verlangen Sie von allen Dienstleistern und internen Projektbeteiligten, dass sie »von vornherein an die Stromleitungen für Ihr Haus denken«. Sie werden das zu Recht von allen Profis jedes Gewerkes beim Hausbau erwarten. Es ist anders nicht denkbar.
Erwarten Sie genauso selbstverständlich, dass Ihre Partner inklusiv und für alle denken; dass sie in der Konzeption bereits die Weichen stellen und – gegebenenfalls unter Einbeziehung von Beratern und Fachleuten – die nicht-Inklusiven Ideen, weil ungenügend, noch einmal überarbeiten um bessere Lösungen zu finden.
Wenn Ihre Kalkulation dadurch das Budget übersteigt, ist das Budget zu niedrig angesetzt oder Sie erarbeiten gemeinsam kreative Lösungen um an Material, Umfang, Größe, Ausführung, Dauer etc. Änderungen vorzunehmen, um Ihr Ziel zu erreichen. So war das schon immer. In der Vergangenheit war es aber meist so, dass man verschiedene Dinge nicht berücksichtigt hat (siehe oben). Sie werden alle einig sein, dass Menschenrechte nicht verhandelbar sind, aber vielleicht andere Dinge.
Und es funktioniert! Mit fantastischen und einzigartigen Ergebnissen, die Projektbeteiligte und Nutzer begeistern. Ich weiss es, denn ich habe mit Teamsitzungen, Workshops und Konzeption sowie Beratung einige Teams in ihrer Arbeit bis zum Ziel begleitet.